Die entkernte Volkspartei: Quo vadis, CDU?
BFA-Vorstand Walter Münnich zur aktuellen Schockstarre der Union

Am 26. September fuhren die Unionsparteien bei der Bundestagswahl mit 24,1 % die schwerste Niederlage ihrer Geschichte ein. Mit diesem Ergebnis kam der jahrelange Niedergang von CDU/CSU nun auch im Wahlergebnis zum Ausdruck.
Jetzt wird es existenziell.
Schaffen die Schwesterparteien den Turnaround und erobern sich mit einem Ergebnis von wenigstens oberhalb 30 % ihren Ruf, die dominierende Volkspartei zu sein, zurück oder verharren sie im Mittelmaß und taumeln durch die Parteienlandschaft, oder gehen sie gar unter?
Seit der Bundestagswahl sind CDU bzw. CSU drei Mal in der Öffentlichkeit aufgetreten: Beim Deutschlandtag der (gemeinsamen) Jungen Union vom 15. bis 17. Oktober in Münster, beim Landesparteitag der CDU Nordrhein-Westfalen am 23. Oktober in Bielefeld sowie bei der CDU-Kreisvorsitzendenkonferenz am 30. Oktober in Berlin.
Diese Gelegenheiten hätten zur Aufarbeitung des Wahldesasters genutzt werden müssen. Aber nichts dergleichen geschah, jedenfalls nichts Überzeugendes.
Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union spielte Armin Laschet den Sündenbock und zog alle Schuld auf sich. Das ist ehrenwert, trägt aber zur Aufarbeitung nicht bei, weil es viel zu kurz gegriffen ist.
Hendrik Wüst gab auf dem NRW-Landesparteitag von sich, die CDU wieder mehr in die Mitte rücken zu wollen. Diese Bemerkung ist aufschlussreich: Hohe Funktionäre sehen die CDU mittlerweile offensichtlich als linke Partei an. Wie sonst sollte der neue Ministerpräsident sie in die Mitte rücken können? Aber auch diese Überlegung hilft nicht wirklich. Auch sie bleibt ein Kratzen an der Oberfläche.
Nun soll es die Parteibasis richten. Die Kreisvorsitzenden der CDU haben auf ihrer Konferenz die Empfehlung beschlossen, die Wahl des Parteivorsitzenden der Basis zu übertragen. Und dann?
Die Ursachen für den Niedergang von CDU/CSU liegen viel tiefer. In all den Jahrzehnten vor Angela Merkel stand die Union für vier Kernelemente unserer politischen Statik – nämlich:
- als kompromissloses Bollwerk gegen jede Form von Sozialismus,
- als Garant für die soziale Marktwirtschaft,
- als Wahrer gesellschaftserhaltender Grundwerte und
- als Schutzpatronin des Grundgesetzes.
Das alles ist verloren gegangen oder besser: gezielt oder aus Unvermögen preisgegeben worden.
Von einem Bollwerk gegen den Sozialismus ist seit Angela Merkel keine Rede mehr. Vielmehr wurde es durch den „Kampf gegen Rechts“ ersetzt. Gemeint war „Rechtsextremismus“, aber das gezielte Weglassen des Wortes „Extremismus“ sorgte im Laufe der Jahre dafür, dass der Begriff „Rechts“ für etwas Böses stand und mittlerweile tabuisiert ist: Einer der größten Manipulationserfolge der Linken. Die CDU schaute taten-und widerspruchslos zu, wie ihr ihr Stammbereich, die rechte Hälfte der politischen Landschaft, weggenommen wurde. Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, dass dies mit Duldung einer Kanzlerin stattfand, die nur durch die Unterstützung der CDU den Weg in das Bundeskanzleramt einschlagen konnte.
Die CDU erhob zu Recht den Anspruch, eine Wirtschaftspartei zu sein. Auch davon ist nichts mehr geblieben. Der CDU-Wirtschaftsrat und die CDU-Mittelstandsunion (MIT) nehmen reine Alibifunktionen wahr und haben nichts zu melden. Der ehemalige Vorsitzende der MIT, Dr. Josef Schlarmann, mahnte immer wieder –auch öffentlich- eine Politik der Sozialen Marktwirtschaft an. Nach acht Jahren legte er 2013 sein Mandat nieder, zog sich frustriert zurück und schrieb ein Buch über seine enttäuschenden Erfahrungen. Wer sein Werk „Angela Merkel aus der Nähe“ gelesen hat, weiß, dass diese Dame mit Marktwirtschaft nichts, aber rein gar nichts anfangen konnte.
Als Wahrerin gesellschaftserhaltender Grundwerte wie z.B. Familie, Leistung und Eigenverantwortung ist die CDU ausgefallen. Das gesellschaftliche Wertefeld gehört den Minderheitsvertretern in buntester Schattierung, die allesamt für ihre Minderheiten Sonderrechte beanspruchen.
In der Amtszeit von Angela Merkel wurden bei der Umsetzung von Politik auch Vertragsbruch, Gesetzesbruch und Beugung des Grundgesetzes kombiniert mit eklatantem Staatsversagen in Kauf genommen. Letzteres erreichte mit der Preisgabe unserer staatlichen Souveränität, anlässlich der Migrationskrise 2015 und der Aufgabe der Haushaltshoheit des Parlamentes gegenüber der Europäischen Union, seine schaurigen Höhepunkte.
Mit der Preisgabe vorgenannter politischer Kernelemente verlor die CDU auch über Jahrzehnte gewachsene Kulturelemente:
- Verlässlichkeit
- Glaubwürdigkeit
- Politische Kompetenz
- Standhaftigkeit
Damit ist die CDU kaputt. Am schlimmsten ist der Verlust der Glaubwürdigkeit. Wer seine Glaubwürdigkeit verloren hat, wird nicht mehr gewählt.
Angela Merkel, die mit neunminütigen stehenden Ovationen auf Parteitagen bejubelt wurde, hinterlässt einen Scherbenhaufen. Die Rückkehr zur Glaubwürdigkeit geht nur über einen radikalen personellen Neuanfang.
Die CDU muss entmerkelisiert werden. Dazu gehört als erster Schritt unabdingbar der Rücktritt des gesamten Präsidiums. Dessen Mitglieder sind nach dem Rückzug von Angela Merkel die verbliebenen Hauptverantwortlichen für die oben beschriebene Entkernung der CDU.
Der Rücktritt ist bislang ausgeblieben. Er wird auch nicht mehr kommen. Die Größe und die Einsicht fehlt. Damit zeigt sich jetzt schon, dass die CDU einen Neuanfang nicht schafft, oder aber der Versuch des Neuanfanges zerreißt sie. Als Kristallisationspunkt für bürgerlich-konservative Wähler fällt sie aus.
Auf der anderen Seite der politischen Landschaft steht eine rot-grün-gelbe Koalition. Geprägt von links-grünen, zum Teil lebensunerfahrenen Utopisten, wird sie nicht in der Lage sein, die durch ihre skurrilen Zielsetzungen selbst bereiteten Probleme zu lösen.
Wenn sie zu ihrem wie auch immer gearteten Ende kommt, muss eine bürgerliche Koalition bereitstehen. Das Defizit, welches CDU/CSU durch ihren Niedergang eröffnet haben, muss beseitigt werden, der Hohlraum zwischen Union und AfD muss geschlossen werden, und eine neue, unverbrauchte, kompetente Kraft muss Sammelpunkt für alle enttäuschten oder heimatlos gewordenen bürgerlich-konservativ-liberale Wähler werden.
Daran arbeitet der Bürgerlich-Freiheitliche Aufbruch.