Energiepreisexplosion: Wie der Staat umverteilt
Marcus Vorbeck zu den Auswirkungen für die Mittelschicht

Zu den gerade aktuell am lebhaftesten diskutierten politischen Themen gehört sicherlich der starke Anstieg der Energie- und Kraftstoffpreise in Deutschland, der, wenn auch noch nicht durch reale, so doch mindestens durch antizipierte Versorgungsengpässe induziert ist.
Auch wenn man ein markttaktisches Verhalten der Anbieter nicht ausblenden darf, so wird dies zu einem wesentlichen Teil durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine verursacht.
Diskutiert wurden auch Steuersenkungen, um die Folgen dieses Preisanstiegs für die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschlands abzufedern. Aktuell plant die Bundesregierung mit einem Entlastungspaket, das nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft vom 24. März 2022, in seiner Gesamthöhe in etwa einen Wert von 15 Milliarden Euro hat.
Aber was bedeutet es in der Praxis für den Verbraucher tatsächlich, und wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Finanzen des Staates aus?
Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit sind hier die Auswirkungen von Kraftstoffpreisen und Inflation, zumindest in ihrem Anteil, den man auf die aktuellen Entwicklungen zurückführen kann, auf die Staatskasse einerseits und auf die Kaufkraft der Bevölkerung andererseits, kurz in Augenschein zu nehmen.
Zu diesem Zwecke macht es Sinn, sich die kurzfristige Entwicklung der Kraftstoffpreise einmal anzusehen. Relativ kurzfristig deshalb, um die Eskalation der weltpolitischen Situation der vergangenen Wochen einigermaßen genau abzubilden. Obwohl die Kraftstoffpreise bereits in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind und ganz sicher einen wichtigen Faktor des realen Kaufkraftverlustes darstellen, hat die Situation der letzten Wochen natürlich eine ganz besondere Dynamik.
Betrugen die durchschnittlichen Kraftstoffpreise des Jahres 2021 an der Tankstelle nach Angaben der Online-Plattform Statista noch 1,3990 Euro für Diesel und 1,5790 Euro für Superbenzin, so lagen die Preise je Liter am 29. März 2022 – gut einen Monat nach Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine – bei 2,1140 Euro für Superbenzin und 2,1700 Euro für Dieselkraftstoffe.
Die Auswirkung dieser Preissteigerungen seien exemplarisch für Diesel und Superbenzin nachfolgend kurz visualisiert. Es ist aber anzumerken, dass im Rahmen des Entlastungspaketes die enthaltende Energiesteuer gesenkt wird. Diese Absenkung ist jedoch in der für dieses Paket bereits geschätzten Gesamtsumme enthalten, so dass sie in der Darstellung unberücksichtigt bleibt.

Geht man von einer im Vergleich zu 2021 konstanten Absatzmenge aus, ergeben sich aus den hier dargestellten Steigerungen Mehreinnahmen für die Staatskasse in einer Höhe von rund 6,8 Milliarden Euro.
Dieselben Annahmen einer gleichbleibenden Absatzmenge ergeben, wenn man die nachfolgende Darstellung zu Superbenzin zugrunde legt, Mehreinnahmen für die Staatskasse von rund 2,5 Milliarden Euro.

Die gleiche Vorgehensweise bei Heizöl und bei Gas führt zu Mehreinnahmen von etwa 1,5 und 9,5 Milliarden Euro. Allein bei diesen vier Energieträgern sind Mehreinnahmen des Staates von mehr als 20 Milliarden Euro zu erwarten.
Der beschriebene Effekt hört selbstverständlich nicht bei den dargestellten Energieträgern auf. Der erwartete Anstieg der Inflation von 3,1% im Jahr 2021 auf erwartete 6,1% im Jahr 2022 dürfte ebenfalls für einige Milliarden zusätzlicher Umsatzsteuereinahmen sorgen.
Die Staatskasse ist für das „großzügige“ Entlastungspaket sehr gut gerüstet. Anstatt mit Steuersenkungen konsequent entgegenzusteuern und die Umverteilung erst gar nicht zuzulassen, wird der Umweg über den Staat genommen. Unter dem Strich ermöglicht der Krieg es der Bundesregierung, große Mengen finanzieller Mittel dem privaten Wirtschaftskreislauf zu entziehen und nach eigenem Gutdünken, im Rahmen der politisch gewollten Ziele, wieder umzuverteilen. Als Beispiel sei das 9-Euro-Ticket zur Förderung des Öffentlichen Personenverkehrs zu Lasten des Individualverkehrs genannt.
Bedauerlicherweise – und auch hier spielt es natürlich den Zielen der Ampelkoalition in die Karten – trifft dieser inflationsbedingte Entzug finanzieller Mittel in erster Linie die Mittelschicht und hier ganz besonders diejenigen, die bei großen Teilen dieser Koalition am wenigsten gut gelitten sind: die klassischen Familien.
(BFA - 13.05.2022)