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Gaspreisexplosion: Unabwendbar oder ideologisch angetrieben?

Von Steven Rosick, bau- und wohnungspolitischer Sprecher des BFA



wolfgang.kaiser@bfa-verein.de
Deutschlands Gasumlage wird die Verbraucher hart treffen

Die Gaspreisentwicklung beherrscht seit Monaten die politische Diskussion. Jetzt wird sie konkret:


In diesen Wochen treffen bei Mietern und Eigentümern die Nachweise der zurückliegenden Abrechnungsperiode ein, und sie werden noch „normal“ ausfallen, da sie nicht von der Gaspreisexplosion betroffen sind. Nocht nicht.


Mit den Forderungen kommt allerdings auch die Vorausberechnung der Heiz- und Warmwasserkosten für den Folgezeitraum mit den daraus resultierenden monatlichen Abschlagszahlungen auf den Tisch. Wer dabei Gas als Energieträger verwendet, erwischt es knüppeldick, denn ein Anstieg der Betriebskosten für Mieter von 50 % - je nach Wohnungsgröße – kann monatliche Steigerungen von 100 bis 200 Euro bedeuten. Ein Umstand, der Mieter mit ganzer Härte treffen wird.


Die von der Bundesregierung angepriesene Entlastung durch Senkung der Mehrwertsteuer auf die Gasumlage von 19 auf 7% ist demgegenüber nur als Witz aufzufassen.


Im Folgenden wird analysiert, ob diese Entwicklung unabwendbar war oder ideologiegetrieben erfolgte. Die Betrachtung der Chronologie der Ereignisse, die Einfluss auf die Entwicklung der Gaspreise haben, gibt dazu Hinweise. Bitte beachten Sie, dass Erdgas an der US-amerikanischen und an der britischen Börse gehandelt wird – derzeit mit 4,50 Euro.


Verlauf der Gaspreise an den Börsen



Chronologie


01.11.2021: Maximaler Füllstand in Deutschland


Die deutschen Gasspeicher erreichen Ihren Höchststand und maximalen Füllstand im Kalenderjahr 2021 bei 72,41%. Der Gaspreis liegt bei ca. 4,50 Euro.


18.03.2022: Minimaler Füllstand in Deutschland


Nach einem vergleichsweise milden Winter liegt der Tiefststand der deutschen Gasspeicher bei 24,19%. Der Gaspreis liegt - trotz Ukraine-Konflikt - bei ca. 4,50 Euro.


07.12.2021: Koalitionsvertrag


Nach der Bundestagswahl im September 2021 einigen sich die heute regierenden Ampel-Parteien auf einen Koalitionsvertrag. Da den Grünen aber bewusst war, dass ein massiver Zubau der Kraftwerke der sogenannten erneuerbaren Energien nur gemeinsam mit einem massiven Zubau von thermischen Pufferkraftwerken möglich ist, wird im Koalitionsvertrag der Zubau von Gaskraftwerken um 23 Gigawatt beschlossen. Der Gaspreis steigt in der Folge auf einen Peak von 5,70 Euro.


24.02.2022: Überfall Russlands auf die Ukraine


Der Gaspreis liegt bei 3,95 Euro.


17.03.2022: Gesetzentwurf mit Füllstandvorgaben


Nach Beginn des Ukraine-Konfliktes stellt die Bundesregierung im März fest, dass im vergangenen Jahr aufgrund der knappen Gassituation, die Gaspreise im Jahresverlauf gestiegen sind.

Um diesem Phänomen und einer drohenden erneuten Gasknappheit entgegenzuwirken sowie die Versorgungssicherheit bestehender Gaskraftwerke zu gewährleisten, wird am 17. März im Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf mit Füllstandvorgaben für Gasspeicheranlagen eingebracht und am 29. April umgesetzt. Der Gaspreis liegt in der Folge nun bei 7,20 Euro.


Explizit nach diesem Gesetz rief Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 23. Juni den Gasnotstand aus, infolgedessen der Gaspreis 8,20 Euro erreicht.


22.07.2022: Uniper-Rettung durch Teilverstaatlichung

Der Gaspreis erreicht einen neuen Rekordwert von 8,70 Euro.


05.08.2022: Bundesregierung beschließt Gasumlage


Als bisher einziges Land der Welt, führt Deutschland die Gasumlage ein und stellt zeitgleich eine Gasmangellage fest. Der Füllstand der Gasspeicher überschreitet an diesem Tag die 70%-Marke und nähert sich damit der zum 1. September 2022 gesetzten ersten Zielstandvorgabe von 75%.


Folgerungen


Aus den aufgezeigten Punkten lässt sich der Zusammenhang zwischen politischen Äußerungen oder Beschlüssen und ihren Einfluss auf Gaspreisgestaltung sehr genau ablesen. Die Häufigkeit der Peaks, die jeweils auf Äußerungen aus der Politik zurückzuführen sind, zeigt diesen Zusammenhang.

Da der Gaspreis die deutsche Bevölkerung sowohl direkt (durch Heizanlagen) als auch indirekt (durch umgelegte Preise der Industrie, wie z.B. Düngemittel, Glasherstellung oder Speisenzubereitung) betrifft, ist eine gewollte, ideologiegetriebene Einflussnahme auf diese Preise nicht auszuschließen. Wie anders kann man die deutsche Bevölkerung zur Reduzierung des Verbrauches fossiler Energien bewegen?


Möglicherweise soll auch der Einbau von elektrischen Wärmepumpen anstelle von Gasheizungen forciert werden. Die Festlegung der Gasumlage, die an die Feststellung der Gasmangellage gekoppelt ist, obwohl die selbst gestellten Füllstandziele überpünktlich erreicht wurden, ist rechtlich ebenfalls mehr als fragwürdig.


Es lässt sich feststellen, dass das Handeln der Regierung dazu beiträgt, die Inflation im Herbst auf völlig neue Höhen ansteigen zu lassen.


Uniper SE


Über die rechtlichen Grundlagen der Teilverstaatlichung von Uniper SE, die zu knapp 78% dem finnischen staatlichen Energiekonzern Fortum AG gehört, lässt sich trefflich streiten, zudem in den vergangenen Jahren beachtliche Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt wurden. Auch deshalb stellt sich die Frage, warum der deutsche Steuerzahler sich nur an den Verlusten und nicht an den Gewinnen des Konzerns beteiligen darf und warum keine Rückstellungen für den nunmehr eingetretenen Fall eines Verlustes gebildet wurden.

Der am 17. August von Uniper vermeldete Verlust in Höhe von rund 12 Milliarden Euro ist beileibe kein (existenzbedrohender) Cash-Verlust. Darin enthalten sind ca. 3 Milliarden Abschreibung auf Nordstream 2 und 6,5 Milliarden Euro Rückstellung für eventuelle Lieferausfälle aus Russland.

Bis 2020 bestand das Hauptgeschäftsfeld im Übrigen in der Stromerzeugung. Erst 2021 ist man dann ganz groß in das Gasgeschäft eingestiegen und hat sich offensichtlich 2022 ordentlich verzockt.


Quelle: https://www.uniper.energy/de/investoren/uniper-als-investment/unternehmen-und-basisdaten


Bis heute unterhält die Uniper SE in Deutschland etliche Kraftwerke mit einer installierten Leistung von ca. 10,5 Gigawatt, darunter viele Wasserkraftwerke in Bayern. Inwiefern die Stromerzeugung den Verlust der Gassparte nicht wettmachen kann, bleibt dem externen Betrachter verschlossen.


Aber auch in Russland werden etliche Kraftwerke durch Uniper betrieben, die 5 % des gesamten russischen Stroms produzieren. Durch den Einstieg bei Uniper subventioniert Deutschland diesen quasi mit.

Sämtliche Angaben, die Uniper betreffen, sind auf deren Website nachzulesen. Und es klärt sich auch die Frage, weshalb die Freien Demokraten der Gasumlage zustimmten. Die Uniper SE gehört, wie bereits dargestellt, zur finnischen Fortum AG. Nur wenigen ist aber bekannt, dass in deren Aufsichtsrat der frühere FDP-Vorsitzende Philipp Rösler sitzt. Als Parteichef ist er Vorgänger des heutigen Bundesfinanzministers Christian Lindner. Zudem war Rösler von 2011 bis 2013 auch Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister – also auch ein Vorgänger von Robert Habeck.

Ein Kreis, der sich somit schließt und offenbar auch politisch rechnet.




(BFA - 19.08.2022)


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